Testbericht von 14/1978
Klassenprimus - Test Yamaha RD 400
Zielten die Yamaha-Konstrukteure mit der alten
Yamaha RD 400 C noch mehr in Richtung Fahrkomfort und sanfte Motorcharakteristik,
so folgt die neue RD 400 (ohne zusätzliche Buchstabenbezeichnung) wieder
mehr der sportiven Richtung wie die Anfang der 70er Jahre gebauten 350 cm³-Modelle
R5 und RD 350.
So ist das 1978er Modell nicht nur optisch aufgewertet, sondern die Technik
des luftgekühlten Zweizylinder-Zweitaktmotors ist grundsätzlich überarbeitet
worden. Der ganze Motor wurde auf spontane und sportliche Leistungsabgabe abgestimmt.
Um dennoch dem Zweitakter zu einer erhöhten Zuverlässigkeit
zu verhelfen, legte Yamaha das Verdichtungsverhältnis auf den niedrigen
Wert von 6:1 fest; das alte Model war auf 8,5:1 verdichtet.
Bedenkenlos kann Normalbenzin getankt werden. Um das bei den relativ grossen
Einzelhubräumen von 199,5 cm³ auftretende unangenehme Zweitakterrucken
im Teillastbereich auf ein Minimum zu reduzieren, sind die beiden Einlasskanäle
zum Druckausgleich mit einem Rohr verbunden. Für den dauerhaft exakten
und kräftigen Zündfunken sorgt eine magnetisch gesteuerte, kontaktlose
Zündanlage.
In Kombination mit diesem Steuerungssystem dürfte ein Zweitaktmotor
an Wartungsfreiheit eigentlich nicht mehr zu übertreffen sein. Wer also
viel fahren und wenig schrauben will, wird mit der RD 400 auf jeden Fall sehr
gut bedient sein.
Die Leistungsabgabe von 32 KW (43 PS) bei 7500 U/min ist im Vergleich
zum Vorgängermodell RD 400 C gleichgeblieben. Jedoch stehen die Pferde
besser im Futter. Man kann davon ausgehen, dass die Japaner leistungsmässig
einen Durchschnitt repräsentierender Motor der RD 400-Serie zur offizellen
Messung herangezogen haben. Fahrer der neuen RD 400 können also ein leichtes
Leistungsplus gegenüber dem Vorgängermodell verzeichnen. Die Übersetzung
wurde jedoch nicht geändert; das Getriebe entspricht der RD 400 C.
Links: Übersichtliche und ruhig anzeigende Instrumente. Rechts: Der Zweizylinder-Zweitaktmotor der neuen RD 400 ist völlig überarbeitet worden. |
Dies lässt sich von den Bremszangen nicht
sagen. Bei dem 1978er Modell werden sowohl vorne als auch am Hinterrad Schwimmsattelbremsen
verwendet, wobei auf die Hinterradschwinge ein Rohrdreieck aufgeschweisst wurde,
das die Reaktionskräfte beim Bremsen aufnehmen soll. Um beim scharfen abbremsen
noch Federwegreserven auf Bodenwellen in der Gabel zu haben, wurde der Federweg
um 20 mm auf 140 mm erhöht; auch wurde der Standrohrdurchmesser um einen
Millimeter auf 35 mm vergrössert.
Für sportlich besonders ambitionierte Fahrer wurden nun auch die
Befestigungen der Fahrerrasten über den Auspuffrohren verlegt. Dies macht
noch grössere Schräglagen möglich; die Yamaha kann nicht mehr
an den Auslegern, die unter den Endrohren durchgezogen waren, aufsetzen.
Läuft der Motor mit dem ersten Tritt auf den gut übersetzten
Kickstarter, ist eine umweltfreundliche Geräuschentwicklung zu registrieren.
Trotz des auf Sortlichkeit abgestimmten Triebwerks erlaubt die Yamaha zügiges
Anfahren auch aus niederen Drehzahlen. Der neue RD 400-Motor hat ab 2000 U/min
schon verwertbare Leistung, bei 5500 U/min kommt der grosse Schub.
Die spontane Leistungsexplosion reicht bis über 8000 U/min und verlangt
vom Fahrer einen kühlen Kopf. In den beiden unteren Gängen wird das
Vorderrad sehr schnell leicht. Ein aufbäumen ist durch den günstig
weit vorne liegenden Schwerpunkt nicht zu befürchten.
Insgesamt ist mit der neuen RD 400 eine bessere Anfahrbeschleunigung zu
erreichen. Aus dem Stand bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h vergehen gerade
2,7 Sekunden. Bei der ebsten Messung und noch nicht reduzierter Verdichtung
(Langstreckentest 8/77) vergingen
bei der Vorgängerin RD 400 C immerhin 3,1 Sekunden, um die gleiche Geschwindigkeit
zu erreichen.
Bis zur Landstrassengeschwindigkeit von 100 km/h brauchen beide Modelle
5,9 Sekunden. In der Höchstgeschwindigkeit sind kaum Unterschiede zu verzeichnen.
Nur "flachliegend" setzt der Motor des neuen Modells mehr Reserven
frei. Gute 175 km/h sind für eine 400er ein absoluter Spitzenwert. Der
Höchstgeschwindigkeits-Unterschied zur alten beträgt 4,3 km/h.
Vergleichswerte Yamaha RD 400 neu / alt |
||
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RD 400 1978 1900 km |
RD 400 C 1910 km |
Beschleunigung |
||
0 - 60 km/h |
2,7 s |
3,1 s |
0 - 80 km/h |
4,0 s |
4,4 s |
0 - 100 km/h |
5,9 s |
5,9 s |
0 - 120 km/h |
8,5 s |
8,0 s |
0 - 140 km/h |
12,5 s |
11,9 s |
Höchstgeschwindigkeit |
||
mit zwei Personen |
159,3 km/h |
160,1 km/h |
sitzend |
166,8 km/h |
165,7 km/h |
liegend |
175,4 km/h |
171,1 km/h |
Trotz ähnlicher Messwerte kann man der neuen RD 400 besonder bei der Leistungsabgabe
im uneteren Drehzahlbereich ein geringeres, aber doch spürbares Plus bescheinigen.
Bei 4000 U/min läuft der Motor etwas rauh, was sich durch Vibrationen
in den Fussrasten mitteilt, jedoch durch die bequeme, aber nicht ganz rutschfeste
Sitzbank gedämmt wird. Im übrigen Drehzahlbereich bis 8500 U/min läuft
der Zweitakter vibrationsarm.
Beim fahren auf der Landstrasse macht sich
das relativ geringe Gewicht von nur 175 Kilogramm angenehm bemerkbar. Durch
die fadingfreien und sehr gut ansprechenden Scheibenbremsen sind Kurven spät
anzubremsen. Einer allzu grossen Schräglage setzen nur noch die Reifen
ein Limit.
Die Yamaha benimmt sich in jeder Fahrsituation gutmütig. Ein nachträgliches
korrigieren der Schräglage ist immer drin.
Mit der neuen RD 400 wurden in dieser Klasse neue Massstäbe gesetzt.
Immer häufiger stellt sich die Frage nach der Berechtigung von Maschinen
mit 1000 und mehr Kubikzentimetern und Gewichten über 250 Kilogramm.
Understatement beabsichtigt
Wer allerdings um jeden Preis die Aufmerksamkeit seiner Umwelt auf sich ziehen will, wird mit der Yamaha RD 400 nicht recht bedient. Diese Ziele hatte die RD-Serie aber noch nie angestrebt. Dafür ist das Design eine Idee zu sachlich.
Lob ... |
... und Tadel |
0 Leistungsstarker Zweitaktmotor |
0 Kein H4-Licht |
Yamaha RD 400: Technische Daten und Messwerte |
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Motor Vergaser Elektrische Anlage |
Kraftübertragung |
Fahrwerk Verbrauch Preis Importeur |
Stand 26.09.2002