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Langstreckentest YAMAHA RD 350 von 11/1974  (30.NOV.1974)

Barbar in Sachen Leistung - Test Yamaha RD 350

Barbar in Sachen Leistung - RD 350Der zweitgrösste Motorradhersteller der Welt, Yamaha, ist eindeutig auf Hochleistungszweitakter spezialisiert (Von den drei grossen Viertaktmodellen einmal abgesehen). Wir fuhren das stärkste Strassenmodell, die RD 350, über mehr als 20.000 Kilometer im Langstreckentest.

  Yamahas Verkaufspolitik ist geprägt durch die vielen Erfolge, die auf Rennmaschinen mit de drei gekreuzten Stimmgabeln als Markenzeichen am Tank in aller Welt errungen wurden. Die Anzahl der Landes-, Staats- und Clubmeister dürfte kaum registrierbar sein, aber die errungenen Fahrerweltmeisterschaften auf Yamaha stehen klar fest: Zehn an der Zahl.

  Und in Zukunft wird dieses grossartige Erfolgspäckchen sicher noch grösser werden. Der erfolgreiche Einsatz im Sport liess den Namen Yamaha in aller Munde geläufig werden, und er trug einen erheblichen Anteil auch zum Verkaufserfolg bei. In vielen Ländern gehören die Yamahas aller Klassen zu den Meistverkauften. Sieht man von den rennsportlichen Erfolgen einmal ab, interessiert natürlich sofort die Frage, wie es um die Alltagstauglichkeit der Strassenmotorräder von Yamaha bestellt ist. Um dies zu überprüfen, wählten wir die RD 350 und fuhren und fuhren ... Bis heute zeigt der Tacho genau 20.151 km, und da über eine Fahrstrecke von ca. 4.000 km die Tachowelle defekt war, kommen also knapp 25.000 Kilometer zusammen. In etwas mehr als einem Jahr wurde also im Testbetrieb die doppelte Strecke zurückgelegt, die bei einem Motorradfahrer als Jahresdurchschnitt gelten (12.000 Kilometer).

Motor: Leistung will gepflegt sein

  Mit seinen 39 DIN-PS steht der 350er Yamaha-Motor leistungsmässig ganz klar an der Spitze seiner Klasse. Über 110 PS pro Liter Hubraum in einem Serien-Strassenmotor - das kann man getrost barbarisch nennen. Doch auch ein Barbar benötigt Pflege und braucht das ihm zustehende Futter - sonst will er nicht so, wie er kann und soll.

  Nachdem die Maschine im normalen Betrieb, der zum reinen Test notwendig war, einige Mucken zeigte, gingen wir systematisch daran, diese Störquellen radikal auszumerzen - und siehe da, es gelang zur allseitigen Zufriedenheit.

  Um der Empfindlichkeit der Motoreinstellung auf die Spur zu kommen, wurde erst einmal umgedüst. Serienmässig sind die Vergaser mit 105er Hauptdüsen bestückt. Diese wurden nun ausgetauscht gegen 140er [1] (1 Düse: DM 2,45) - und einen durchschlagenderen Erfolg mit einer solchen Lappalien-Massnahme hatten wir noch nicht erlebt: Die RD 350 benahm sich wie verwandelt! Nicht mehr das spitze Leistungsband, nicht mehr Drehzahlen zwischen 6000 und 8000/min, um zügig vom Fleck zu kommen - jetzt war ab 3500/min echt verwertbare Leistung vorhanden. Mit den Düsen wurde natürlich auch der "verstopfte" Luftfilter mit den Pfeifen gegen den "Freien" ausgewechselt, und damit fuhr man auch mit weit geringerer Lärmbelästigung für sich und für die lieben Mitmenschen, da man nun den Motor nicht mehr immer in oberen Drehzahlbereichen halten musste. Ja selbst bei Soiziusbetrieb zog der Motor im fünften Gang sauber und ruckfrei, ohne sich zu verschlucken ab 4000/minbis weit über 8000/min! Darüber hinaus sank der Verbrauch bei Landstrassenfahrt auf 5,8 Liter, selbst bei scharfer Autobahnfahrt liefen nicht mehr als 6,7 Liter auf 100 Kilometer durch!

  Sehr wichtig ist auch die Verwendung des richtigen Öls. Die ersten 10.000 Kilometer wurde mit handelsüblichen Mehrbereichsöl gefahren. Bei Öffnen des Motors nach einem Kolbenschaden wurde festgestellt, dass sich im L-Kolbenring glasurartige Rükstände gebildet hatten, die eindeutig als nicht verarbeitete bzw. verbrannte HD-Zusätze zu identifizieren waren. Überdies hatte der Kolbenring all seine Vorspannung verloren, da er sich in seiner Ringnut nicht mehr frei bewegen konnte und darin festgebacken war. Eine weitere Kontrolle kurz vor Testende zeigte, dass sich die ausschliessliche Verwendung von Castrol Zweitaktöl (nicht vorgemischt!) rentiert hatte: Keine, bzw. nur minimalste Rückstände.

  Auch konnte nun auf die ständige Kerzenwechselei, die vorher vorgenommen werden musste, verzichtet werden, da in der allgemeinen Betriebsanleitung für Stadtfahrten 8er Kerzen (1 Kerze: DM 4,90) und für längere Autobahnfahrt 9er Kerzen verwendet werden müssen. Wir konnten eben durch die Verwendung von ausschliesslich Zweitaktöl die B-9 HCS-Kerzen immer im Motor belassen. Selbst nach längeren Strecken in Stadt- oder Kolonnenverkehr gab es beim anschliessenden Aufziehen des Motors keine übergrossen Zweitaktstinkwolken.

  Im Ölverbrauch hielt sich die Yamaha in den entsprechenden Grenzen: Je nach Fahrweise wurde etwas über 1 Liter auf 500 Kilometer verbraucht, das entspricht einem durchschnittlichen Mischungsverhältnis von 1:25, dem klassischen Zweitakt-Mischungsverhältnis.

Eigenmächtige Korrektur

  Doch zurück zum Vergaser, dessen genaue EInstellung auch mitverantwortlich ist für gutes Anspringen. Dreimal anlässlich der einzelnen Inspektionen wurde bei uns der Schwimmerstand korrigiert und zwar dergestalt, dass man sich vergewissern muss, ob das Plättchen, das über die Schwimmer das Schliessen des Schwimmerventils bewirkt, bei geschlossenem Schwimmerventil parallel zur Kante des Vergasers bzw. des Schwimmerkammerrandes steht. Durch einfaches nachbiegen dieses Plättchen kann man den Schwimmerstand korrigieren und damit ein Überlaufen der Vergaser und eine Anfettung bzw. ein Versaufen des Motors im abgestellten Zustand bei offenem Benzinhahn vermeiden. DIe Verbindungsschläuche zwischen Vergaser und Luftfilterkasten wurden bei unserer Maschine auch einmal gewechselt, da sich mit der Zeit durch das Einwirken des Benzin-Luft-Ölgemisches verhärteten und zusammenzogen. Wir bauten die der 74er Yamahas ein, die aus verbessertem Material bestehen. Auch die einzelnen Ansaugstutzen mussten zweimal gewechselt werden, da sich durch falsche Anbringung der Vergaserklemmschelle ein Riss ergeben hatte, der zum Glück noch nicht durch ging und damit den Zylinder mit falscher Luft versorgt hätte. Die Überlappung der Blechschelle, die Schraubstelle, muss also immer oben am Vergaserstutzen sein, da hier der Gummi nicht so eingeschnürt wird, wie wenn die Schelle mit der Überlappung unten sitzen würde.

Zuverlässig, aber Leistung will gepflegt sein!  Doch nun zum oben angedeuteten Kolbenschaden. Der erste trat bei Kilometerstand 11.400 auf. Es gab ein wunderschönes Loch im linken Kolben, eine sogenannte Sparbüchse. Sie entstand dadurch, dass sich ein Lackteilchen (Einfüllstutzen des Kraftstofftankes lackiert!) durch das Sieb im Benzinhan durchgeschmuggelt hatte, sich vor die Düse legte und den Durchfluss behinderte. Sollten ihnen einmal so etwas passieren, dann schrauben sie die Kerze des betroffenen Zylinders heraus, machen die Funkenbildung des Kerzensteckers durch Verstopfen unschädlich, um nicht durch eine sich verirrende "Fehl"-Zündung die Maschine in Brand zu setzen. Aber bitte: Nur in äussersten Notfällen, etwa morgens in der Wüste Negev!

  Lassen sie aber die Sprit- bzw. Ölleitung am Vergaser, sonst kann es sein, dass durch ungenügende Schmierung auch im arbeitenden bzw. an den Kurbelwellenlagern ein Schaden entsteht. Sodann kann man mit gemässigter Fahrt - einzylindrig! - den Heimweg antreten.

  Nachdem der linke Zylinder nun ausgeschliffen war (Kosten: DM 37,50) und ein neuer Kolben nebst Ringen eingebaut war (Kolben: DM 44,-; Kolbenringe: DM 27,-) wurde die Maschine vorsichtig eingefahren. Doch nach knapp 500 km gab es wieder einen Schaden auf dieser Seite. Grund: Der Zylinderkopf, vielmehr der Brennraum, hatte durch den vorhergehenden Schaden, bei dem ein Stück des Kolbenrings abbrach und wohl einen Tanz im Brennraum aufgeführt hatte, etwas gelitten. Die Brennraumform wurde zwar von Schlagspuren befreit, doch höchstwahrscheinlich nicht gründlich genug. So kam es, dass bei km-Stand 11.900 der zweite Schaden am Kolben auftrat, und zwar durch Bildung von Wärmenestern im Kopf und damit einer "Vielfachzündung", die eine unkontrollierte Flammfront bei der Verbrennung nach sich zog. Es wurde beim zweiten Kolben (wie auch auf dem Zusammenstellungsbild später ersichtlich) der Feuersteg an der Auslassseite regelrecht weggeschmolzen. So wurde also zum zweiten mal geschliffen, ein neuer Kolben (wieder mit Ringen) eingebaut und der neue Kopf (Kosten: DM 73,30) spendiert.

Einfahr-Erfahrungen

  Nun konnte wieder unbedenklich gefahren werden; das eigentliche Einfahren eines ausgeschliffenen Zylinders bezieht sich ja nur auf die ersten 200 bis 300 km Fahrstrecke, die mit genügsam drehender Hand und dem vorsichtigen Finger am Kupplungshebel zurückgelegt werden. Nach dieser Fahrstrecke ist ein ausgeschliffener Zylinder mit neuem Kolben samt Ringen als voll eingefahren zu betrachten, der Motor kann also wieder voll zur Brust genommen werden.

  Was wir auch taten - sofern die Zündung immer genau auf 2,0 mm stand. Dieser Wert ist sehr wichtig für einwandfreie für einwandfreie Leistungsabgabe über den gesamten Bereich, für guten Durchzug - also für die allgemein gute Leistungsabgabe unseres Motors. Gewechselt wurden die Unterbrecher-Kontakte bei der grossen 20.000 km-Inspektion, in dieser Zeit ist ein Verschleiss der Kontakte als normal zu betrachten (KOsten pro Kontaktpaar: DM 16,83).

  Wurde im Test noch erwähnt, dass es keinen Ärger mit Kerzenstecker gab, so wurden wir im weiteren Verlauf des Langstreckentestes wieder schmerzlich der Tatsache bewusst, dass es bis jetzt noch keine absolut wasserfesten und damit störunempfindlichen Kerzenstecker gibt. Gleich zweimal hintereinander gaben die Stecker nach ausführlicher Regen-Matschfahrt ihren Geist auf, und so ein Kerzenstecker kostet immerhin DM 17,90, das macht für vier der von uns gebrauchten Kerzenstecker DM 71,60 - eine stolze Summe. Folglich montierten wir wieder die Silikon-Rennstecker von Yamaha, mit denen es dann ab sofort keinen Ärger mehr gab.

  Bei der grossen 20.000 km-Inspektion wurde festgestellt, dass sich die um die Auspuffeinsätze gewickelte Glaswolle verhärtet hatte. Das Entfernen derselben führte zu erhöhter Lärmentwicklung, sodass wir den Auspuffen zwei neue Einsätze verpassten (KOsten: DM 35,20).

Getriebe: Etwas ausserhalb der Legalität

  Es ist ja hinreichend bekannt, dass die Schaltwalzen der Yamaha RD-Modelle mit einer Sperre ausgerüstet sind, die ein Ausnutzen des Sechs-Gang-Radsatzes verhindern und die Sekundärübersetzung so verändert wurde, dass die Übersetzungsstufung so im Fünften dem normalen Sechsten entspricht. Wir mussten die Geschichte natürlich auch versuchen, und legten deshalb den sechsten Gang frei und wechselten die für Europa serienmässige Übersetzung (16/36 Z) gegen die Sechs-Gang-Endübersetzung (15/40 Z), doch diese Umbauerei erwies sich unserer Meinung nach als ungünstig, denn die unteren Gänge wurden nun zu kurz, so dass man bei scharfer Landstrassenfahrt, zu der man sonst nur die ersten drei Gänge benötigte, laufend mit Schaltarbeit beschäftigt war. So kam also wieder die Fünf-Gang-Endübersetzung darauf und der nun freigelegte sechste Gang entpuppte sich als wunderbarer Autobahnschongang. Denn ob alleine, mit Sozius und Gepäck: Der Motor drehte im fünften Gang immer weit über 8000/min! Das sind immer zwischen 155 und 165 km/h, die allerdings mit sehr hohen Drehzahlen und auftretenden feinen Vibrationen erkauft wurden und doch etwas störend wirkten. Mit dem "Overdrive"-Sechsten-Gang konnte man nun auch bei länger anhaltender Autobahnfahrt mit 7500/min nervenschonend, weil mit weniger Drehzahl, dahinfahren.

  Gewechselt werden musste die Kupplung bei Kilometerstand 13.000. Be der vorhergegangenen Urlaubsfahrt über 5000 km mit zwei Personen und Gepäck (noch mit der kleinen Düsenbestückung), musste im Gebirge und bei vielfach wechselnden Witterungsbedingungen des öfteren die Kupplung unverhältnismässig belastet werden, so dass die Reibscheiben ihre Belagstärke fast völlig verloren (Kosten einer Belagscheibe: DM 7,80).

  Auf den Kettenrädern ist nun auch die dritte Kette aufgelegt, die erste hielt knapp 8000 km, die zweite nur 6000 und die dritte zeigt nach über 10.000 km kaum Verschleisserscheinungen. Möglich wurde das durch die ausschliessliche Verwendung des Czech'schen Ketten-Wundermittels, das sich selbst bei längeren Regenfahrten nicht herauswäscht m(Preis pro Kette: DM 133,20).

  Was gab es sonst mit der Triebwerkseinheit noch für Probleme? Eigentlich keine. Der Motor sprang stets zuverlässig an, lief mit den von uns aufgezeigten Änderungen hervorragend bis sehr gut und war auch - abgesehen von den beiden Kolbenschäden danach - bei kärglicher Pflege sehr, sehr zuverlässig.

  Die Belästigung durch Lärm bzw. durch hohe Drehzahl hielt sich in erstaunlich erträglichen Grenzen, besonders eben nach der Umbedüsung. Das Getriebe liess sich wunderbar schalten, selbst, wenn es heiss herging, ohne Kupplung - es nahm überhaupt keine auch noch so grobe Behandlung irgendwie krumm.

Fahrwerk: Der Widerspenstigen Zähmung

  Gegen die Folgen des Aufsetzens der etwas unglücklich  unter den Auspuffrohren durchgeführten Fussrastenbügel montierten wir einen Lenkungsdämpfer der Yamaha-Enduromodelle (Preis: DM 61,-), der die Schlenker des Lenkers und das gelegentlich in langen Kurven eintretende Lenkerpendeln wunderbar absorbierte. Und natürlich haben sich die Konis über die ganze Testdistanz von ihrer besten Seite gezeigt, sowohl im reinen Federungskomfort wie auch in der Dämpfungswirkung liessen sie keine Wünsche offen (Preis pro Satz: Je nach Händler zwischen DM 130,- und 170,-).

  Am Reifen haben wir folgende Aufstellung verbraucht: Einmal die Originalbereifung, dann vorn ein Metzeler-Rille und - als es in den Herbst hineinging - ein Metzeler-Block C5. Hinten wurde der Originalreifen heruntergeraspelt und danach dreimal je ein Metzeler-Block C55 aufgezogen. Mit den Metzelerreifen wurde auch wieder auf der Yamaha ein sehr ausgewogenes und richtungsstabiles Fahrverhalten erzielt.

  Gewechselt werden musste ebenfalls im Rahmen der 20.000-km-Inspektion die Schwingenlagerung. Dieser bei allen japanischen Motorrädern recht kritische Punkt muss bei Abschmierarbeiten besonders beachtet werden: So oft wie möglich die Hochdruckpresse an der Tankstelle auf die Schmiernippel setzen und schmieren, bis es überall herausquillt (Kosten der Schwingenlagerung: DM 19,90). Die Notwendigkeit eines neuen Schwingenlagers machte sich durch ein sehr schwammiges Fahrverhalten bemerkbar, bei dem zuerst der Reifenluftdruck in Verdacht gezogen wurde, die Gabel oder die hinteren Federbeine. Doch nach Auswechseln des Schwingenlagers war das Fahrverhalten wieder gewohnt gut. Ebenfalls bei 20.000 km (das ist wohl im Motorradbau bis jetzt die kritische Zahl für das Eintreten der ersten grösseren Schäden - nach unserer Auffassung) mussten die vorderen Gabeldichtringe mit den Manschetten ausgetauscht (Kompletter Satz: DM 26,75) werden und die Gabel je Holm mit 165 ccm ATF-Hydrauliköl gefüllt werden. Mit dieser Befüllung zweigt sich auch die Gabel von ihrer besten Seite. Sie schluckt lange wie kurze Wellen bei jeder Geschwindigkeit, es kommen keine harten Schläge durch und die Dämpfung ist für eine Serienmaschine gut. Wie von den anderen japanischen Gabeln gewohnt, nimmt auch die Yamaha-Gabel die kurz aufeinanderfolgenden Wellen nicht sauber, hier verschluckt sich anscheinend die Dämpfung.

  Auch das von uns im Test bemängelte verzögerte Ansprechen der vorderen Scheibenbremse konnte behoben werden. Wir feilten in die Beläge je eine 1 mm tiefe Kreuznut ein, dadurch kann sich der auf der Scheibe befindliche und das Einsetzen der Bremsbewegung verzögernde Wasserfilm schneller verflüchtigen. Allerdings muss die Kreuznut immer wieder nachgefeilt werden, wenn die Beläge entsprechend abgenutzt sind. Bei Kilometerstand 17.000 wurden die Beläge gewechselt (DM 61,96). Die hintere Trommelbremse versieht bis zum heutigen Zeitpunkt mit den ersten Belägen (!) einwandfrei ihren Dienst, bei jedem Reifenwechsel wurde die Trommel entstaubt, das genügte.

  Wenn man den Lenker oder die "Lenkstange" auch zum Fahrwerk rechnen kann, so ist über das Fahrwerk noch zu berichten, dass eben jene Lenkstange, die serienmässig auf die Yamaha aufgeschraubt ist, von uns gewechselt wurde gegen den vorgezogenen Magura-Sportlenker, der grösstenteils eine aufrechte Sitzposition ermöglichte. Doch wie das so ist in einem Team, so manch einer meinte, es sei nicht das Optimale. So wurde dieser Lenker wieder gewechselt gegen den fast geraden der alten Yamaha R 5-MOdelle, den wir zu den optimalen Lenkstangen zählen. Leider muss bei dieser Verwendung der Instrumentenblock um 50 mm vorversetzt werden, um Platz für den Hauptbremszylinder zu schaffen. Doch die Mühe scheint sich gelohnt zu haben: Jetzt fühlte sich aber auch jeder darauf wohl.

Ausstattung und Zubehör

  Kurz vor dem geplanten Wechsel auf einen H4-Lampeneinsatz kam uns der Zufall zu Hilfe. Bei einer Fahrt über Fahrer und Maschine durchschüttelnde Schwarzwaldsträsschen fiel der komplette Lampeneinsatz heraus und ging zu Bruch. Da er als Originalersatzteil DM 107,- kostet und sich gerade eine der Zitzen-Elektronik hergestellten Komplettscheinwerfer aus Polyamid in der Redaktion befand, wurde dieser kurzerhand an die Yamaha geschraubt (Preis des ZEV 154: knapp 100 DM!). Dieser Scheinwerfer wird komplett mit allen Umrüst- und Haltungsteilen geliefert. Der Erfolg dieses Scheinwerferwechsels wurde im Laufe der des Langstreckentestes auch im Geldbeutel sichtbar: Es wurde nur ein Stück der empfindlichen H4-Birnen zerschüttelt. Der Grund dürfte in der besseren Vibrationsaufnahme des Materials (Polyamid) zu suchen sein (Lieferant Zitzen-Elektronik-Vertrieb, 4 Düsseldorf 30, Postfach 300352, Tel.: 0211/426406). Unsere Meinung: Empfehlenswert!

  Ein leidliches Thema: Die immer wieder abbrechenden Blinker. Die Schraubaufnahme des Blinkers besteht aus einem M8-Gewindestück, das mit einer 4 mm Bohrung versehen ist. Geht man nun vom Kerndurchmesser des Gwindes aus (6,4 mm) und zieht die 4 mm Bohrung ab, dann bleibt also eine Wandstärke von 1,2 mm. Und diese 1,2 mm beidseitig müssen nun den Blinker tragen, der immerhin über 400 Gramm wiegt. Vier abbrechende Blinker mussten vermerkt werden, das Stück zu DM 32,-. Als die Blinkerabbrecherei, die mit schöner Regelmässigkeit alle 2000 Kilometer im Wechsel rechts und links passierte, uns zuviel wurde, griffen wir zu einem kleinen Kunst-Hilfsmittel. Wir schliffen nähmlich den Sechskant, mit dem der Blinker angezogen gekontert werden soll, einfach auf 8 mm Durchmesser und schnitten hier ein Gewinde darauf. Nun war zwar die Wandstärke nicht stärker geworden, doch der Hebelarm war entsprechend kürzer. Erfolg: Alle Blinker sitzen noch an dem ihnen zugedachten Platz.

  Auch das Blinkrelais bereitete Schwierigkeiten. Insgesamt wurden fünf serienmässige verbraucht (Stückpreis: DM 34,65), bis uns ein Händler auf das Boschrelais (Nr. 0336 102019; Preis: ca. DM 15,-) hinwies. Dieses Relais wurde schön in Schaumgummi verpackt und lose mit einem Klebestreifen unter dem rechten Seitendeckel gehängt. Es funktioniert heute noch (Der Händler, der uns das Boschrelais empfohlen hatte, sit die Fa. Schäfer & Bach in Stuttgart-Wangen. EIne kleine, aber von fachlich versierten Leuten geführte Werkstatt, die uns auch bei unseren Yamaha-Problemen mit Rat und Tat zur Seite standen und die wir daher bestens empfehlen können).

  An der sonstigen Yamahaausrüstung gibt es nicht viel zu bemängeln. Die Schalter sind fast alle relativ griffgünstig und praxisgerecht angebracht, lediglich die serienmässigen, dicken Griffe wurden beim Lenkerwechsel gegen die Tomaselligriffe aus Naturkautschuk getauscht.

Der Rest und der Alltagsbetrieb

  Abgesehen von den beiden Kolbenschäden benahm sich die RD 350 während der gesamten, beinahe 25.000 km langen Teststrecke recht brav. Es gab eigentlich kaum einen Testfahrer, der die Yamaha nicht mochte. Tat er es doch, dann war es ein grundsätzlilcher Gegner oder sogar ein Verächter der zweitaktenden Arbeitsweise und damit ein Verfechter der Löcher im Kopf und nicht in den Zylinderwänden.

  Was an der Yamaha gefällt, was sogar begeistern kann, speziell bei der D 350 - das ist Leistung! Und zwar besticht die ganze Maschine durch die PS-Zahl im Verhältnis zum Gewicht, das immer wieder in dieser echten Mittelklasse 250 bis 350 ccm am günstigsten von allen Klassen erscheint. 350er sind vom Gewicht her leicht zu fahren, haben jede Menge Motorleistung, um sogar den 750ern in vielen Verhältnissen auf und davon zu fahren zu können, denken wir nur mal an den Nürburgring: Eine gut gehende 350er sit durchaus in der Lage, den Ring unter optimalen Bedingungen in weniger als 11 Minuten zu umrunden - und da muss so manch eine 750er erst einmal mithalten können.

Mangel an Kommunikation?

  Was aber dennoch bleibt, ist das schlechte Gewissen des Fahrers, wenn er weiss, er hat nicht ganz der ABE-Legalität entsprechende Düsen und einen gar illegalen sechsten Gang im Motor - wäre das nicht durch entsprechende Kommunikation zwischen Herstellern und Gesetzesgebern aus der Welt zu schaffen?

 

Testobjekt - RD 350

 

Testobjekt - RD 350

1: Es gab einige zerschüttelte Birnen, bis wir die Zitzen-Nachrüstlampe anbauten..
2: Zündkerzen und Stecker müssen gerade bei einem Zweitakter in einwandfreier Verfassung sein.
3: Hier ist das Hebelplättchen zu sehen, das den Schwimmerstand bestimmt und die Hauptdüsen.
4: Dieser Anriss im Ansaug-Stutzen wurde rechtzeitig entdeckt, bevor es nachteilige Folgen zog.
5: So muss die Schlauchschelle angebracht sein!
6: Links im Bild der "D"-Luftfilter mit den Pfeifen, rechts der "freie", der mit den grösseren Düsen eingebaut wurde.
7: Im Laufe der Testzeit bekam man sogar die Übung, um ohne Trichter das Öl in den ein wenig versteckt plazierten Einfüllstutzen ohne Sabbelei hineinzubekommen.
8: Castrol-Zweitaktöl wurde im Test mit guten Erfolgen verwendet.
9: Das serienmässige Blinkrelais bereitete Schwierigkeiten und wurde gegen ein Bosch-Relais ausgetauscht.
10: Nach Präparieren der Blinker gab es keine Schwierigkeiten mehr.
11: Die Original-Federbeine mussten einem Satz KONIs weichen.
12: Kettenspray ist immer ein Notbehelf - beste Ergebnisse erzielten wir mit dem Czech'schen Kettenmittel (rechts).
13: Das Schwingenlager wurde bei km 20.000 erneuert.
14: Auch die Kupplung musste nach einer ausgedehnten Urlaubsfahrt gewechselt werden.
15: Die beiden ramponierten Kolben ...
16: ... und die angenagte Zylilnderwand.
17: Der Grund des zweiten Kolbenschadens.
18: Der Reifenverschleiss ist abhängig von der Fahrweise.
19: Nur einmal mussten die Bremsklötze erneuert werden.
20: Der Lenkungsdämpfer brachte entscheidene Verbesserungen der Fahreigenschaften.

 

 

 

 

 

Beurteilung

  Mit der Yamaha RD 350 wurde ein Motorrad auf den Markt gebracht, das eine geglückte Synthese darstellt zwischen erfolgreicher Weiterentwicklung der bisher bekannten Yamaha-Modelle und der grossen Erfahrung, die Yamaha auf unzähligen Rennkilometern erworben hat. Sie ist wie geschaffen für Leute, denen in einer 250er etwas Leistung fehlt und denen eine 500er oder eine noch grössere schon zu schwer ist. Und zu teuer. Leider macht die Versicherungsfrage immer noch einen Strich durch die 350er-Rechnung, denn mit knapp 1000 DM Versicherungssumme ist es schon möglich, eine grössere Maschine zu fahren. Doch der Spass des Fahrers, speziell auf einer RD 350, liegt im Understatement des Äusseren - und das machht das Fahren mit dieser Yamaha so reizvoll. Aber: Leistung will gepflegt sein!

 

Technische Daten und Messwerte Yamaha RD 350

Technische Daten und Messwerte Yamaha RD 350

Motor
Luftgekühlter Zweizylinder-Zweitaktmotor, schlitzgesteuert, Einlass durch Membranen ("Zungenventil") gesteuert. Sieben Steuerschlitze, Umkehrspülung. Bohrung x Hub: 64 mm x 54 mm, Gesamthubraum 347 ccm, Verdichtungsverhältnis 6,6:1, Nennleistung 39 DIN-PS bei 7500/min. Spezifische Leistung 112,4 PS/Liter. Leistungsgewicht 4,15 kg/PS, max. Drehmoment 3,73 mkg bei 7500/min. Mittlere Kolbengeschwindigkeit beo Nenndrehzahl 13,5m/s (pro 1000/min 1,8 m/s). Stahlkurbelwelle aus Einzelteilen zusammengepresst, vierfach in Rollenkugellagern gelagert. Pleuelfüsse und Kolbenbolzen in Nadellagern. Hubzapfen um 180° versetzt. Getrenntschmierung durch last- und drehzahlabhängige Kolbenölpumpe, System Yamaha Autolube. Im Test verwendet: Castrol Zweitaktöl "Super TT" nicht vorgemischt.

Vergaser
Zwei Mikuni-Amal VM 28 SC Ø 28 mm, Schieberbetätigung durch Seilzug und Verteiler, Rückstellung durch Feder, Hauptdüse 105, Nadeldüse 0-8, Düsennadel 5J6-3, Leerlaufdüse 25, Gasschieber 1,5, Starterdüse 100, Leerlaufregulierschraube 1-1,5 Umdr. offen. Trockenluftfilter ausblasbar.

Zündung / Licht
Kontaktgesteuerte Batterie/Spulenzündung. Wechseltromgenerator, AZ 2010 NI auf Kurbelzapfen. Zündkerzen NGK B-8 HS, für Autobahn B-9 HCS. Unterbrecherkontaktabstand 0,3-0,4 mm, Zündzeitpunkt 2,0 ± 0,1 mm vor OT. Batterie 12V 5,5Ah. Scheinwerfer-Ø 160 mm. Hauptlampe 12V 35/35W, Rück-Stoppleuchte 5/21W, Blinklampen 21W, Kontrolllampen 3W

Kraftübertragung
Mehrscheibenkupplung im Ölbad. Primärantrieb über schrägverzahnte Zahnräder 66/23 Z, i = 2,87. Sekundärantrieb über Einfach-Rollenkette, 5/8" x 3/8". 92 Glieder Typ DID 225, Zahnräder 37/16 (40/15) Z, I = 2,313.

Klauengeschaltetes Fünf- (Sechs-) ganggetriebe mit Kickstarter, geradeverzahnt. Übersetzungen: I. 2,571; II. 1,778 ; III. 1,318; IV. 1,040; V. 0,888; (mit freigelegtem VI. Gang: VI. 5,21). Gesamtübersetzungen Serie: I. 17,06; II: 11,8; III. 8,75; IV. 6,9; V. 5,89; (mit freigelegtem VI. Gang: VI. 5,21). Gesamtübersetzung der Sechsgangserie mit Isec 40/15 Z = 2,666; I. 19,67; II. 13,6; III. 10,08; IV. 7,96; V. 6,79; VI. 6,0. Geschwindigkeit im V. (VI.) Gang pro 1000/min KW-Umdrehung 19,86 km/h (19,5 km/h).

Fahrwerk
Doppelschleifen-Rohrrahmen. Ölgedämpfte Teleskopgabel. Federweg 116 mm. Standrohr Ø 34 mm. Dämpferöl 165 ccm, SAE 10W-30, Ausweichempfehlung: ATF-Öl. Hinterradschwinge mit dreifach verstellbaren, hydraulisch gedämpften Federbeinen, Federweg 80 mm. Länge zwischen den Augenmitten 315 mm. Radstand 1320 mm, Lenkwinkel 62,5°, Nachlauf 106 mm

Räder/Bremsen
Bereifung vorn 3.00 S 18, 1,6-2,0 atü, hinten 3.50 S 18, 2,0-2,4 atü. Abrollumfang 1,95 m, Stahlfelgen. Vorn hydraulisch betätigte Scheibenbremse, mittl. Ø 220 mm, Bremsbelagfläche 34,7 cm²; hinten über Gestänge betätigte Leichtmetall-Trommelbremse, Ø 180 mm, Bremsbelagfläche 108 cm².

Abmessung/Gewicht
Länge 2040 mm, Breite ohne Lenker 640 mm, Höhe bis Oberkante Instrumente 1070 mm, Bodenfreiheit 155 mm, Lenkerbreite 730 mm, Fussrasten zur Sitzfläche 510 mm, Tankbreite am Knieschluss 260 mm, nutzbare Sitzbankfläche 610 mm, nutzbare Sitzbankbreite vorn 220 mm, hinten 250 mm. Wendekreis 3,6 m. Gewicht vollgetankt mit Werkzeug und Öl 162 Kg. Achlastverteilung vorn 71 kg, hinten 91 kg, (44%/56%). Mit 70 kg schweren Fahrer vorn 105 kg, hinten 127 kg (48%/52%). Zulässiges Gesamtgewicht 340 kg. Tankinhalt nach Werksangaben 16 Liter (Testerfahrung 14,8 L), davon Reserve ca. 3 Liter

Ausrüstung/Zubehör
Tachometer mit Tageskilometerzähler 20er-, 10er-, 2er-Teilung, Messbereich 0-200 km/h. Mechanischer Drehzahlmesser, 1000er-, 500er-, 100er-Teilung, Messbereich 0-10.000 U/min, roter Bereich ab 8500 U/min, Instrumenten Ø 82 mm, Mittenabstand 160 mm, beleuchtete Skalen. Tankverschluss abschliessbar. Farbauswahl rot, grün.

Wartung
Inspektion alle 3000 km

Messwerte
Gemessen mit 70 kg schwerem Fahrer in Leder-Rennkombi.
0 -  40 km/h           1,8s
0 -  60 km/h           2,9s
0 -  80 km/h           4,4s
0 - 100 km/h           6,1s
0 - 120 km/h           8,3s
0 - 140 km/h         12,4s

Höchstgeschwindigkeit
solo aufrecht sitzend  161 km/h
mit zwei Personen      158 km/h
solo langliegend         170 km/h

Preis
DM 3810,-

Hersteller
Yamaha Motor Co., Ltd., 1280 Nakajo, Hamakita-Shi, Shizuoka-Ken, Japan

Importeur
Deutschland: Mitsui & Co GmbH, Grünstr. 44, 4005 Meerbusch.
Österreich: Jamoto, Import- und Handels-GmbH & Co. KG, Wien 12, Schönbrunner Strasse 178.
Schweiz: Hosstettler, 6210 Sursee.

 

[1] Erfahrungen zeigten sich, dass hierbei 150er-Hauptdüsen ratsam sind. Bei kühlem, klaren Wetter kann es bei Volllastbetrieb zur Abmagerung und dann zu Löchern in den Kolben kommen! (Vielen Dank für diesen Tip an Wolfgang)

 

Stand 17.06.2003

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